Symptome von Sucht und Entzug – oder eine Hepatische Enzephalopathie?

Unbezahlte Rechnungen, vergessene Termine und stapelweise ungeöffnete Post: In der Psychosozialen Betreuung (PSB) suchtmedizinischer Patienten stehen solche Probleme häufig im Vordergrund. Oft wird die Alltagstauglichkeit der Patienten durch Substitution und PSB soweit verbessert, dass sogar wieder eine geregelte Arbeit möglich ist.

Womit jedoch selten gerechnet wird: Die Alltagstauglichkeit kann auch durch eine Hepatische Enzephalopathie (HE) eingeschränkt werden,1 und ihre Symptome sind vor allem in den Anfangsstadien so unauffällig, dass sie leicht mit den Folgen langjährigen Substanzmissbrauchs verwechselt werden können.

Eine HE entsteht, wenn Toxine aus natürlichen Stoffwechselprozessen im Darm von der zirrhotischen Leber nicht ausreichend abgebaut werden können. Ammoniak und andere Toxine gelangen ins Gehirn und sorgen für ein Anschwellen der Astrozyten. Die Folge sind episodisch verlaufende oder auch persistierende Funktionsstörungen des zentralen Nervensystems.2

Diese Komplikation der Leberzirrhose tritt häufig nicht, wie beispielsweise Blutungen der Ösophagusvarizen, mit einem dramatischen Ereignis auf, sondern schleichend und rezidivierend, wobei sich die neurodegenerativen Schäden meist mit jeder Episode verschlechtern können.3

Die HE ist aber mit einem hohen Sterblichkeitsrisiko verknüpft: Bei einer Ethanolinduzierten Leberzirrhose und HE liegt die Mortalitätsrate innerhalb eines Monats nach der Diagnose bei 45 Prozent, nach einem Jahr bei 64 Prozent.4
Diese Komplikation der Leberzirrhose stellt somit ein erhebliches Risiko für Ihre Patienten dar.

1. Sanyal A et al. Aliment Pharmacol Ther 2011; 34(8): 853–61. / 2. Grüngreiff K. Thieme Refresher Innere Medizin 2014; 1: R1-R16. / 3. Bajaj JS et al. Gastroenterol 2010; 138(7): 2332–40. / 4. Jepsen P et al. Hepatology 2010; 51: 1675–82.